Wohngebäudeversicherungen im Test bei Finanztest
Mal wieder fragt man sich als erfahrener und gut ausgebildeter Versicherungsmakler, was denn hier wirklich getestet wurde. Wohngebäudeversicherungen im Test bei Finanztest ist mal wieder so ein Ding.
Objektivität des Test
In den Überschriften steht groß, 108 Wohngebäudeversicherungen im Test. Im Kleingedruckten steht dann jedoch, 108 Tarife von 45 Anbietern. Ahja. Was mir zusätzlich auffällt – die vielen guten Deckungskonzepte, wie zum Beispiel degenia, Domcura, Konzept und Marketing etc. sind alle nicht vorhanden. Diese bieten nachweislich sehr hochwertigen Schutz für wenig Geld. Des Weiteren sind viele kleine regionale Versicherer, wie zum Beispiel eine Häger oder Sielhorster Versicherung nicht erwähnt worden, bestimmt auch nicht getestet. Ist dieser Test objektiv? Nein. Definitiv nicht, dafür fehlen einfach zu viele Tarife. Bei über 500 Versicherungsunternehmen, davon auch vielen kleinen Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit, ist das einfach zu wenig, zu sehr vorselektiert. Im Schwabenländle würde man sagen, dass „das ein Geschmäckle hat“.
Testkriterien
Ein anderer sehr wichtiger Punkt ist sicherlich, was und wie es getestet wird. Natürlich kann man sehr detailliert testen, dann wird es sehr wenige sehr gute Ergebnisse erhalten. Oder man nimmt nur Grundkriterien heran, dann wird man eine große Breite an sehr guten Testergebnissen haben. Diese sind aber dann definitiv nicht aussagekräftig. Hat dieses wirtschaftliche Auswirkungen? Leider ja, und zwar für Finanztest. Zumindest erhebt Finanztest seit 2013 sehr hohe Gebühren für die Nutzung der Testsiegel. Hier der Link. Gleichzeitig, wohl auch ein Grund der Einführung dieser Gebühren, wurde der Zuschuss der staatlichen Förderung reduziert. Daher habe ich seitdem, auch bei anderen Tests, zum Beispiel diversen Tests zu Berufsunfähigkeitsversicherung, immer den subjektiven Eindruck, dass doch eventuell auch finanzielle Erwägungen bei der Gestaltung von Tests eine Rolle spielen könnten. Wenn man die Tests über die Jahre vergleicht, fällt wie geschrieben extrem auf, dass plötzlich nach Änderung des Finanzierungsmodells von Stiftung Warentest dreiviertel aller BU Tarife sehr gut hatten. Davor meist nur eine Hand voll….
Wie wurde denn getestet? Folgende Kriterien wurden angelegt:
- Grobe Fahrlässigkeit
- Aufräum- und Abbruchkosten
- Bewegungs- und Schutzkosten
- Behördliche Auflagen
- Dekontaminationskosten
- Überspannung
Sechs Kriterien, nicht wirklich sehr viel bei Bedingungen, die meist über mehr als 20 Seiten gehen und sich dort differenzieren. Gehen wir die einzelnen Punkte mal durch.
Grobe Fahrlässigkeit,
absolut ein Muss, ein wichtiges Kriterium. Äufraum- und Abbruchkosten gleichfalls, sind aber in der Regel bei fast allen Versichern ähnlich gut, bzw ausreichend definiert, also kein wirkliches Unterscheidungskriterium.
Bewegungs- und Schutzkosten
ist ähnlich zu betrachten wie die Äufraum- und Abbruchkosten. Gleichfalls bei fast allen Versichern inkludiert, gibt es hier keine erheblichen Leistungsunterschiede.
Behördliche Auflagen,
ja, ein wichtiges Kriterium gerade auch für ältere Gebäude, wie von Finanztest erklärt. Gehe ich konform.
Dekontaminationskosten
sind ebenfalls sehr wichtig, da immer mehr in unseren Häusern aus Kunststoffen besteht und diese im Falle eines Brandes giftige Substanzen erzeugen wie Dioxine, welche teuer aus dem Erdreich entsorgt werden müssen.
Überspannung
ist gleichfalls meist in vielen Tarifen enthalten, ist kein wirkliches und vor allem erhebliches Unterscheidungskriterium.
Es lässt sich also festhalten, dass schon alleine auf Grund der gewählten Kriterien eine sehr große Zahl und „Testsiegern“ entstehen wird.
Welche Kriterien sollten jedoch zusätzlich noch enthalten sein?
Meiner Meinung nach würden folgende Kriterien die Tarife wirklich differenzieren, welche vor allem auch finanziell für den Versicherten im Schadensfall, erheblich größere Auswirkungen haben können.
- Deckung von unbenannten Gefahren
- Verzicht auf Einrede bei Obliegenheitsverletzungen
- Bisschäden durch Marder, bzw. Tierbiss
- Verzicht auf die Windstärkenregelung
Hier nur beispielhaft drei Punkte aufgeführt, welche einen einfachen oder normalen Tarif von einem sehr guten Tarif differenzieren.
Die Deckung hinsichtlich unbenannten Gefahren erweitert die Versicherung auf Schäden aus Ereignissen, welche nicht in den Bedingungen ein- oder ausgeschlossen sind. Dieses kommt meiner Erfahrung nach schon öfters mal vor. Die Obliegenheitsverletzungen sind leider ein immer größerer Trend von Gebäudeversicherern, auch in dem Test mit „sehr gut“ bewerteten Gesellschaften, Schäden abzulehnen. Sehr oft ist dieses in den letzten Jahren bei älteren Gebäude geschehen im Rahmen der Instandhaltungspflicht, welche in allen Verträgen vertraglich festgehalten ist. Als letzten Punkt die Bissschäden durch Tierbiss, welche auf Grund der immer mehr isolierten Gebäude immer öfters vorkommen und erhebliche Schäden verursachen. Gerade im Bereich der Sturmschäden gibt es immer wieder Fälle, in den Versicherte „leer“ ausgehen, weil bei denen vor Ort der Wind nicht ausreichend stark war, da fast alle Wohngebäudeversicherungen eine Mindestwindstärke von 8 als Kriterium hinterlegen.
Fazit
Im Fazit muss ich als Versicherungsmakler festhalten, dass der Test sehr wenige wirkliche Unterscheidungskriterien ansetzt, um wirklich leistungsstarke von normalen Tarifen zu unterscheiden. Genauso wird im Test von Finanztest vernachlässigt, welche Tarifmerkmale erhebliche finanzielle Auswirkungen haben können. Ich könnte noch ein dutzend weiterer Kriterien anführen, die wirklich „sehr gute“ Tarife von „guten“ oder „einfachen“ Tarifen unterscheiden. Des Weiteren ist die Auswahl einfach nicht objektiv und ausgewogen. Von mir als Versicherungsmakler erwartet man eine objektive und ausgewogene Marktbetrachtung, Finanztest hat hier eine nur sehr eingeschränkte Marktbetrachtung. Ich denke, sogar bei Check24, sicherlich kein Fixstern im Bereich der unabhängigen Beratung, bietet hier oftmals eine qualifiziertere Auswahl.
Zu Gunsten von Finanztest gehe ich mal davon aus, dass das am Vergleichsprogramm gelegen haben könnte, welches wahrscheinlich nicht mehr ergeben hat. Ich denke nicht, dass hier wirklich in der Breite die Bedingungen bis ins Detail gelesen und analysiert wurden. Dafür sind die Auswahlkriterien einfach zu klein. Ich finde, dass das nicht den Begriff TEST oder VERGLEICH statthaft ist. Würde ich als Versicherungsmakler so arbeiten, würde ich gegen meine Berufspflicht in grober Weise verstoßen. Also Finanztest, was soll das?