Leerstehende Gebäude in der Gebäudeversicherung

Leerstehende Gebäude in der Gebäudeversicherung

Leerstehende Gebäude in der Gebäudeversicherung

Das so ziemlich unbeliebteste Risiko eines Gebäudeversicherers sind leerstehende Gebäude. Oftmals geschieht dieses, wenn ein Mieter ausgezogen ist und kein Nachmieter schon vorhanden ist. Oder das Haus vererbt wurde und eventuell Erbstreitigkeiten eingetreten sind. Des Weiteren haben viele Versicherer Quoten, wie beispielsweise mehr als 50% Leerstand. D.h. wenn zwei von drei Wohnungen, auch der Fläche nach überwiegend, unbewohnt sind, ist dieses ein Leerstand für den Versicherer.

Vertragliche Grundlagen

Die meisten Gebäudeversicherungen bauen auf den Musterbedingungen des GDV zur Allgemeinen Wohngebäudeversicherung (VGB 2010 Wert 1914) auf. Aus diesen sind folgende Punkte zu entnehmen.

§ 17 Besondere gefahrerhöhende Umstände

1. Anzeigepflichtige Gefahrerhöhung

Eine anzeigepflichtige Gefahrerhöhung gemäß Abschnitt B § 9 kann insbesondere dann vor liegen, wenn

a) sich ein Umstand ändert, nach dem der Versicherer vor Vertragsschluss gefragt hat;

b) ein Gebäude oder der überwiegende Teil eines Gebäudes nicht genutzt wird;

c) an einem Gebäude Baumaßnahmen durchgeführt werden, in deren Verlauf das Dach ganz oder teilweise entfernt wird oder die das Gebäude überwiegend unbenutzbar machen;

d) in dem versicherten Gebäude ein Gewerbebetrieb aufgenommen oder verändert wird;

e) das Gebäude nach Vertragsschluss unter Denkmalschutz gestellt wird.

2. Folgen einer Gefahrerhöhung

Zu den Folgen einer Gefahrerhöhung siehe Abschnitt B § 9 Nr. 3 bis Nr. 5.

Sehen wir uns also hierzu die verweisenden Paragraphen aus dem genannten Abschnitt an.

§ 9 Gefahrerhöhung

1. Begriff der Gefahrerhöhung

a) Eine Gefahrerhöhung liegt vor, wenn nach Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers die tatsächlich vorhandenen Umstände so verändert werden, dass der Eintritt des Versicherungsfalles oder eine Vergrößerung des Schadens oder die ungerechtfertigte Inanspruchnahme des Versicherers wahrscheinlicher wird.

b) Eine Gefahrerhöhung kann insbesondere – aber nicht nur – vorliegen, wenn sich ein gefahrerheblicher Umstand ändert, nach dem der Versicherer vor Vertragsschluss gefragt hat.

c) Eine Gefahrerhöhung nach a) liegt nicht vor, wenn sich die Gefahr nur unerheblich erhöht hat oder nach den Umständen als mitversichert gelten soll.

2. Pflichten des Versicherungsnehmers

a) Nach Abgabe seiner Vertragserklärung darf der Versicherungsnehmer ohne vorherige Zustimmung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestatten.

b) Erkennt der Versicherungsnehmer nachträglich, dass er ohne vorherige Zustimmung des Versicherers eine Gefahrerhöhung vorgenommen oder gestattet hat, so muss er diese dem Versicherer unverzüglich anzeigen.

c) Eine Gefahrerhöhung, die nach Abgabe seiner Vertrag serklärung unabhängig von seinem Willen eintritt, muss der Versicherungsnehmer dem Versicherer unverzüglich anzeigen, nachdem er von ihr Kenntnis erlangt hat.

3.Kündigung oder Vertragsänderung durch den Versicherer

a) Kündigungsrecht

Verletzt der Versicherungsnehmer seine Verpflichtung nach Nr. 2 a), kann der Versicherer den Vertrag fristlos kündigen, wenn der Versicherungsnehmer seine Verpflichtung vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat. Das Nichtvorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit hat der Versicherungsnehmer zu beweisen.

Beruht die Verletzung auf einfacher Fahrlässigkeit, kann der Versicherer unter Einhaltung einer Frist von einem Monat kündigen.

Wird dem Versicherer eine Gefahrerhöhung in den Fällen nach Nr. 2 b) und Nr. 2 c) bekannt, kann er den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat kündigen.

b) Vertragsänderung

Statt der Kündigung kann der Versicherer ab dem Zeitpunkt der Gefahrerhöhung eine seinen Geschäftsgrundsätzen entsprechende erhöhte Prämie verlangen oder die Absicherung der erhöhten Gefahr ausschließen. Erhöht sich die Prämie als Folge der Gefahrerhöhung um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Absicherung der erhöhten Gefahr aus, so kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. In der Mitteilung hat der Versicherer den Versicherungsnehmer auf dieses Kündigungsrecht hinzuweisen.

4. Erlöschen der Rechte des Versicherers

Die Rechte des Versicherers zur Kündigung oder Vertragsanpassung nach Nr. 3 erlöschen, wenn diese nicht innerhalb eines Monats ab Kenntnis des Versicherers von der Gefahrerhöhung ausgeübt werden oder wenn der Zustand wiederhergestellt ist, der vor der Gefahrerhöhung bestanden hat.

5. Leistungsfreiheit wegen Gefahrerhöhung

a) Tritt nach einer Gefahrerhöhung der Versicherungsfall ein, so ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer seine Pflichten nach Nr. 2 a) vorsätzlich verletzt hat. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Pflichten grob fahrlässig, so ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in dem Verhältnis zu kürzen, das der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entspricht. Das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit hat der Versicherungsnehmer zu beweisen.

b) Nach einer Gefahrerhöhung nach Nr. 2 b) und Nr. 2 c) ist der Versicherer für einen Versicherungsfall, der später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, zu dem die Anzeige dem Versicherer hätte zugegangen sein müssen, leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht vorsätzlich verletzt hat. Hat der Versicherungsnehmer seine Pflicht grob fahrlässig verletzt, so gilt a) Satz 2 und 3 entsprechend. Die Leistungspflicht des Versicherers bleibt bestehen, wenn ihm die Gefahrerhöhung zu dem Zeitpunkt, zu dem ihm die Anzeige hätte zugegangen sein müssen, bekannt war.

c) Die Leistungspflicht des Versicherers bleibt bestehen,

aa) soweit der Versicherungsnehmer nachweist, dass die Gefahrerhöhung nicht ursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalles oder den Umfang der Leistungspflicht war oder

bb) wenn zur Zeit des Eintrittes des Versicherungsfalles die Frist für die Kündigung des Versicherers abgelaufen und eine Kündigung nicht erfolgt war oder

cc) wenn der Versicherer statt der Kündigung ab dem Zeitpunkt der Gefahrerhöhung eine seinen Geschäftsgrundsätzen entsprechende erhöhte Prämie verlangt

Ein sehr lange Paragraph, welcher einige sehr wichtige Aussagen trifft.

Hier ist festzuhalten, dass der Versicherungsnehmer eine Anzeigepflicht hat, also man den Umstand melden muss. Tut man dieses nicht, kann der Versicherer bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit den Vertrag kündigen. Dass dieser Umstand nicht vorgelegen hat, ist durch den Versicherungsnehmer zu beweisen.

Zwar bleibt wie zu lesen die Leistungspflicht des Versicherers bestehen, wenn die Punkte nach §9 Abs.5 c) erfüllt sind, aber mal ganz ehrlich unter uns. Wenn es um 300.000 oder 400.000 Euro gehen sollte, wird jeder Versicherer versuchen die sich ihm bietenden Chancen nicht zahlen zu müssen, nutzen. Die Folgen sind oftmals lange und teure Prozesse, wenn es dabei bleibt.

Wieso ist das so?

Aus auch sehr nachvollziehbaren Gründen, ist ein leerstehendes Gebäude eine große Gefahrerhöhung für den Gebäudeversicherer. Heizung, Leitungswasser und Elektrik sind nicht unter regelmäßiger Kontrolle, im Schadensfall wird der Schaden erst wesentlich später bemerkt, so dass die Schadensauswirkungen oftmals viel größer sind, als sie im Falle eine bewohnten Gebäudes wären. Beispielsweise wird ein Brand erst von Nachbarn bemerkt, wenn das Feuer sich schon stark ausgebreitet hat, ein Leitungswasserschaden erst nach einigen Tagen oder Wochen. Ein undichtes Dach durch einen Sturm wird eventuell erst bemerkt, wenn der Schimmel im Haus angesetzt hat. Es gibt viele mögliche Ursachen, welche im Falle eines bewohntes Gebäudes sofort bemerkt werden, aber beim leerstehende Gebäude oftmals leider nicht.

Was ist zu beachten, was könnt ihr tun?

Meldet ein leerstehendes Gebäude sofort dem Gebäudeversicherer. Gemäß allen uns bekannten Versicherungsbedingungen ist das eine eurer Obliegenheiten. Es stellt eine erhebliche Gefahrerhöhung dar und wird dann in der Regel vom Versicherer individuell betrachtet. Wenn man einen erklärbaren Zeitraum hat, kann das oft mit Auflagen und Prämienanpassung realisiert werden.

Bei einem Leerstand auf Grund wechselnder Mieter kommt es immer darauf an. In vielen Verträgen stehen Fristen, ab welchem Zeitraum der Leerstand bei vermieteten Wohnungen gemeldet werden muss. Oftmals bestehen dann die Mindestauflagen, das Wasser am Hauptwasserhahn abzustellen, das Gebäude zu beheizen und regelmäßig zu begehen. Das reine regelmäßige Begehen eines Gebäudes führt jedoch nicht dazu, dass es kein Leerstand mehr ist.

Fazit

Leerstehende Gebäude stellen eine erhebliche Gefahrerhöhung dar. Meldet ein leerstehendes Gebäude sofort eurem Versicherer. Sprecht mit ihm über die Möglichkeiten. Ist es nur ein kurzfristiger Leerstand auf Grund Mieterwechsel? Wird das Haus eventuell gerade renoviert? Es kann viele gute Gründe geben, auf welche sich Ihr Versicherer auch einlassen wird, jedoch oftmals mit Zuschlag. Alles andere könnte euren Versicherungsschutz gefährden und bedeutet Ärger für beide Seiten.

Checkliste

  • Prüfen euer Bedingungswerk!
  • Ist der Leerstand auf Grund eines Mieterwechsel, haben Sie in der Regel keine Meldepflicht, auch hier bitte vorher Bedingungswerk prüfen!
  • Wird der Leerstand für einen längeren Zeitraum bestehen, definitiv Ihre Versicherung in Kenntnis setzen!
  • Zu eurer eigenen Sicherheit – beheizt das Haus, dreht so weit wie möglich das Wasser ab, schaltet so weit wie möglich die Elektrik aus.
  • Begeht das Haus regelmäßig, am besten mit Fotoprotokoll durch eine aktuelle Tageszeitung oder ähnlichem.

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